Prof. Dr. Ayelt Komus
Ayelt Komus ist Professor für Organisation und Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Koblenz. Er leitet das BPM-Labor für Business Process Management und Organizational Excellence; zudem ist er Initiator der „Praxiswerkstatt Agilität und Digitalisierung“, Co-Initiator der Modellfabrik Koblenz, des IT-Radars und des Praxisforum für BPM und ERP. Er hat vielbeachtete Studien zu agilen Methoden initiiert, etwa „Agiles PMO“, „Erfolgsfaktoren Projektmanagement und Status Quo Agile“. Professor Ayelt Komus promovierte bei August-Wilhelm Scheer am Institut für Wirtschaftsinformatik an der Universität des Saarlandes. Nach leitenden Funktionen in der Unternehmensberatung ist er seit 2004 Professor an der Hochschule Koblenz. Er ist seit über 20 Jahren als Berater und Coach in den Feldern Prozess-, Projekt- und IT-Management tätig. Derzeit sucht er mit „myAgile“ Heuristiken zur Auswahl und zum Tailoring agiler Methoden.
Welche Fehler machen Unternehmen und andere Organisationen im Umgang mit Komplexität?
Bei der Arbeit mit klassischen Methoden zur Strukturierung, Planung, Steuerung und Controlling setzen wir stillschweigend etwas voraus: Das sichere Verständnis von Aufgabe und Lösungsweg. Ohne dieses Verständnis helfen diese klassischen Eckpfeiler des Arbeitens nicht weiter. Nun hat sich aber die Welt stark verändert. Zunehmende Beschleunigung und Digitalisierung lassen die Eckpfeiler des Arbeitens und der klassischen Organisation brüchig werden.
Das heißt, die Unternehmen sind derzeit schlecht gerüstet für komplexe Herausforderungen?
Da sollten wir unterscheiden: Einige Unternehmen sind heute schon sehr gut gerüstet. Sie haben den Umgang mit Komplexität in ihrer DNA verankert. Aber: Konservative Unternehmen mit klassischen Organisationskulturen und Strukturen verlieren gegen dynamische Wettbewerber, die erfolgreich mit Strategien, organisatorischen Frameworks und Werkzeugen im komplexen Umfeld arbeiten.
Nach derzeitigem Stand gibt es einige Gewinner – und viele Verlierer. Gilt dies nur für neue Märkte?
Nein, überhaupt nicht. Der Trend ist längst auch bei etablierten Märkten angekommen. Klassische Organisationen müssen deshalb ihre Werte und Strukturen auf den Prüfstand stellen – gleich, auf welchem Markt sie tätig sind.
In Deutschland scheint ein großer Wunsch nach Kontinuität und Stabilität vorzuherrschen. Behindert uns dies bei der Anpassung?
Sagen wir es so: Im unsicheren Umfeld darf man nicht nach unbedingter Sicherheit streben – gleich, ob in Privatleben, Gesellschaft oder Wirtschaft. Dies birgt die Gefahr, in eine Negativ-Spirale von Enttäuschungen und ungeeigneten Korrekturmaßnahmen zu fallen.
Was also tun?
Organisationen müssen lernen, Komplexität zu identifizieren und ihre Konsequenzen zu akzeptieren. Wo Herausforderungen komplex werden, müssen organisatorische und kulturelle Strategien entwickelt werden. Nur so kann auf lange Sicht das Leben und Arbeiten in der Komplexität gelingen – und Spaß machen.
Biographie und Interview - Ayelt Komus